18. Jan. 20227 Min.

Milch und ihre Alternativen

Aktualisiert: 24. Sept. 2023

Pflanzendrinks sind die beliebtesten Ersatzprodukte weltweit. Dies liegt u.a. daran, dass ca. 75% der Menschen weltweit laktoseunverträglich sind. Der Markt an alternativen Pflanzendrinks boomt, aufgrund der hohen Nachfrage. Sojadrink und Haferdrink sind hier die gängigsten Milchalternativen. Hier stellen wir euch einige dieser pflanzlichen Drinks vor.

Milchalternativen werden aus verschiedenen Nüssen, Getreide- oder Pseudogetreidesorten hergestellt.

Pflanzliche Drinks werden hinsichtlich ihrer Grundzutat klassifiziert (1,2). Sie werden hergestellt aus:

- Hülsenfrüchten, wie z.B. Soja, Lupine, Erbse

- Getreide, wie Hafer, Reis, Dinkel

- Pseudogetreide, wie Quinoa, Amarant, Buchweizen

- Nüssen, wie Haselnüssen, Kokosnüssen oder Mandeln, Macadamianüssen*

- Samen, wie Hanfsamen, Leinsamen, Sesam, Sonnenblumenkernen

Wer also komplett oder zumindest gelegentlich auf Milch verzichten möchte, findet in der folgenden Tabelle Verwendungsmöglichkeiten in der Küche.

Übrigens dürfen Pflanzendrinks, also „milch- oder milchersatzähnliche Produkte auf pflanzlicher Basis“, laut VO (EU) 1308/2013 nicht als Milch bezeichnet werden, da sie nicht aus einem Euter stammen. Daher sprechen wir in diesem Beitrag immer nur von pflanzlichen Drinks oder Milchalternativen (3, 4).

Gesundheitliche Hintergründe

Milch enthält essenzielle Nährstoffe, wie Vitamin B2, B12, Calcium und Protein und kann damit zu einer guten Nährstoffversorgung beitragen.

Milch enthält, wie alle tierischen Produkte, außerdem hohe Gehalte an gesättigten Fettsäuren, welche teilweise in den Zusammenhang mit der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gebracht werden (5). In epidemiologischen Studien konnte allerdings bisher noch nicht nachgewiesen werden, dass der Milchkonsum das Entstehung dieser tatsächlich nachweislich fördert (6). Es gibt jedoch Hinweise, dass ein erhöhter Verzehr an Milchprodukten die Entstehung von Prostatakrebs begünstigen kann. Da Milch als Drüsensekret der Mutter ein schnelles Wachstum ihrer Jungtiere fördern soll, enthält Milch Wachstumshormone, wie z.B. IGF-1. Dieses steht in Verdacht, die Tumorbildung beim Menschen zu begünstigen (7,8,9, 10).

Darüber hinaus sind allerdings, aufgrund der Intensivtierhaltung, aber auch häufig Pestizide, Antibiotika und Eiterzellen in der Milch enthalten, da durch das häufige Melken Kühe häufig an einer Euterentzündung (Mastitis) leiden. Auch diese Stoffe werden mit der Trinkmilch aufgenommen. Antibiotikaresistenzen gelten als ernst zu nehmendes globales gesundheitliches Problem (11,12).

Gesundheitliche Hintergründe von Pflanzendrinks (15)

Pflanzliche Milchalternativen bieten zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Im Gegensatz zu Kuhmilch sind sie frei von gesättigten Fettsäuren (mit Ausnahme von Kokosdrink und Lupinendrink), enthalten kein Cholesterin oder gesundheitsabträgliche trans-Fettsäuren. Weiterhin können sie protektive Inhaltsstoffe enthalten, wie z.B. Sojaprodukte, die durch ihren hohen Gehalt an Isoflavonen möglicherweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Brust- und Prostatakrebs mindern können. Durch ihren hohen Proteingehalt stellt Sojadrink den besten Ersatz von Kuhmilch dar. Manche konventionellen Hersteller reichern Pflanzendrinks zusätzlich mit Calcium, Vitamin B12 und Vitamin D an. Bei Bio-Produkten ist dies aufgrund der Bio-Verordnung nicht zulässig. Angereicherte Produkte können dazu beitragen, die Nährstoffbedarfe in einer veganen Ernährung zu decken und können somit eine gute Ergänzung in einer vollwertigen Ernährung darstellen.

Auch Getreidemilchsorten, wie Dinkel- Hafer- oder Reisdrink werden gerne verwendet. Sie sind kohlenhydratreicher und sind aufgrund ihres Ballaststoffgehalts sowie der natürlichen Süße eine gute Alternative. Insbesondere Reisdrink ist sehr allergenarm und wird daher häufig gut vertragen. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass Reis häufig höhere Gehalte an Arsen enthält und daher für Säuglinge und Kleinkinder nicht empfohlen wird. Außerdem gibt es hier regionalere und klimafreundlichere Alternativen, z.B. aus Hirse, Hafer oder Buchweizen.

Weitere Pflanzendrinks sind aus Nüssen und Saaten hergestellt. Diese sind häufig sehr kalorienarm, da sie mit viel Wasser verdünnt werden. Hanfdrink oder Leinsamendrink sind aber reich an ungesättigten Fettsäuren. Dies zeigt: Pflanzendrinks können die pflanzliche Ernährung mit vielen Nährstoffen aufwerten und sind hochwertige Pendants zur tierischen Milch, ganz ohne bedenkliche Inhaltsstoffe. Wer seinen Geldbeutel etwas schonen und ein weniger stark verarbeitetes Produkt genießen möchte, kann Pflanzendrink ganz einfach selbst herstellen. Weiter unten stellen wir euch einige Rezepte vor.

Warum verzichten immer mehr Menschen auf Milch und Milchprodukte?

Ethische Hintergründe für den Verzicht von Tiermilch

Im Folgenden werden ethische Argumentationen dargestellt, welche beim Konsum von tierischen Produkten, in dem Fall Milchprodukten, angeführt werden.

Kühe sind Säugetiere. Daher produzieren sie nur dann Milch, wenn sie damit ihren Nachwuchs ernähren wollen. Wenn sich der Mensch nun dieser Milch bedient, bedeutet das im Umkehrschluss, dass das Kalb von der Mutter getrennt werden muss, damit es nicht dieselbe Milch trinkt. Da Kühe fühlende Lebewesen sind, ist dies häufig mit großem Leid verbunden. Männliche Kälber hingegen sind für die Milchproduktion unbrauchbar und werden geschlachtet, weibliche werden zur Milchproduktion herangezogen.

Die Zusammensetzung der Kuhmilch ist genau abgestimmt auf die Bedürfnisse des Kalbs und versorgt dieses im Normalfall mit allen Nährstoffen, die es zum Wachstum braucht. Ein ausgewachsener, erwachsener Mensch benötigt andere Nährstoffzusammensetzungen für seinen Bedarf. Das zeigt sich allein daran, dass über 75% der Menschen weltweit, Milchzucker (Laktose) nicht ausreichend abbauen können (13,14) .

Klimaschutz-Gründe

Wie bei der Butter schon deutlich wurde, erzeugen tierische Lebensmittel meist viel höhere Treibhausgasemissionen als pflanzliche Produkte. Weiterhin haben tierische Produkte häufig einen höheren Wasser- Ressourcenverbrauch, da das Mitteltier Wasser und Futter zum Leben benötigt. Hierzu gibt es sehr veranschaulichende Grafiken, z.B. von proveg (15) oder der Albert-Schweizer-Stiftung (16), welche den Ressourcenverbrauch unterschiedlicher Pflanzendrinks vergleichen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt gegenüberstellen.

Dabei zeigt sich: Auch bei der Wahl des Pflanzendrinks gibt es Unterschiede. So bietet es sich an auf regionale Alternativen, wie z.B. aus Getreidesorten zurückzugreifen. Insbesondere Reisdrink oder Mandeldrink haben höhere Auswirkungen auf das Klima, einerseits durch den Transport, andererseits durch den Anbau.

Die Sojabohnen in Sojadrinks und pflanzlichen Alternativen sind, entgegen der geläufigen Meinung, nicht für die Abholzung der Regenwälder verantwortlich. Die meisten Produzenten beziehen die Sojabohnen für die Sojaprodukte aus Europa, wie z.B. Österreich oder Frankreich. Rund 98% des weltweit angebauten Sojas werden zur Tierfütterung verwendet (17).

Die Frage nach dem Calcium

Milch gilt gemeinhin als guter Calcium-Lieferant und wird daher auch von Ernährungsgesellschaften, wie der DGE, beworben (20). Bei einer pflanzenbasierten Ernährungsweise muss auf eine ausreichende Calcium-Zufuhr geachtet werden. Lebensmittel mit hohen Calciumgehalten sind z.B. Sesamsaaten und daraus hergestelltes Mus (Tahin), Mohn, Mandeln, Brennnesseln und dunkles Blattgemüse, wie Grünkohl oder Rucola. Auch calciumreiches Mineralwasser oder mit Calcium angereicherter Pflanzendrink können zu der Calcium-Versorgung beitragen. Um ausreichend Calcium aufzunehmen sind aber noch weitere Faktoren entscheidend: so können bestimmte Stoffe, wie Phytate oder Oxalate die Aufnahme von Calcium hemmen, genauso wie ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel. Keimen, Erhitzen, Fermentieren oder auch die Aufnahme von Proteinen oder präbiotischen Lebensmitteln verbessern wiederum die Calcium-Aufnahme (18).

Letztes Jahr (2021) wurde die Anreicherung von Bio-Pflanzendrinks mit der calciumhaltigen Rotalge Lithothamnium Calcareum verboten, da diese nicht aus biologischem Anbau stammte (Pressemitteilung EuGH). Daher sind derzeit im Handel keine biologisch erzeugten Pflanzendrinks zu finden, welche mit Calcium angereichert sind. Um weiterhin den Calciumbedarf adäquat zu decken, sollte verstärkt auf die Zufuhr von oben genannten Lebensmitteln sowie von calciumreichem Mineralwasser geachtet werden. In konventionell erzeugten Pflanzendrinks ist meist Calciumcarbonat zugeführt. Auch dieses ist für den Menschen gut bioverfügbar. Lithothamnium calcareum kann aber auch direkt supplementiert werden, indem es selbstgemachten Pflanzendrinks zugefügt wird. Weiterhin kann die calciumreiche Sango-Koralle supplementiert werden (19).

Hier findet ihr ein Beispiel für ein calciumreiches Rezept.

Und hier die Referenzwerte für die Calciumzufuhr.

Fazit

Tiermilch und daraus hergestellte Produkte erfahren einen hohen Wertschöpfungsgrad und verbrauchen daher mehr Ressourcen als ihre pflanzlichen Pendants. Daher sollte, wenn nicht gänzlich auf Tierprodukte verzichtet wird, diesen eine hohe Wertschätzung entgegengebracht werden. Regionale Tiermilchprodukte, bei dessen Erzeugung hohe Tierwohlstandards berücksichtigt wurden, sind zu bevorzugen. Denn auch hier gilt wieder Qualität vor Quantität. Daher lieber gelegentlich auf einen regional erzeugten pflanzlichen Drink zurückgreifen. Das schont das Klima, bringt Abwechslung auf den Speiseplan und hat gesundheitliche Mehrwerte.

Pflanzendrink Selbermachen:

https://www.smarticular.net/pflanzenmilch-ersatz-fuer-kuhmilch-vegan/

Quellenhinweise

(1) Parrish, C. (2018): Moo-ove Over, Cow’s Milk: The Rise of Plant-Based Dairy Alternatives. Nutrition issues in gastroenterology 171. Verfügbar unter: https://med.virginia.edu/ginutrition/wp-content/uploads/sites/199/2014/06/January-18-Milk-Alternatives.pdf. Zuletzt geprüft am 17.01.22

(2) ProVeg e.V. (2019): Pflanzenmilch-Report. Berlin.

(3) Verbraucherzentrale Nordrhein-Westphalen (2021): Hafer, Kokos, Mandel, Reis, Soja: Milchersatzprodukte unter der Lupe. Online verfügbar unter https://www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/hafer-kokos-mandel-reis-soja-milchersatzprodukte-unter-der-lupe-62593. Zuletzt geprüft am 17.01.22

(4) Bernhauser, I. (2019): Pflanzenmilch- der Siegeszug einer Milch, die eigentlich gar nicht so heißen darf. Ecodemy. Online verfügbar unter https://ecodemy.de/magazin/pflanzenmilch-pflanzendrinks-pflanzliche-milchalternativen-kaffee/. (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(5) DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), S. (2015). DGE empfiehlt: Auf Fettmenge und -qualität achten – Fettzufuhr spielt Rolle für die Prävention von Krankheiten. Online verfügbar unter https://www.dge.de/presse/pm/dge-empfiehlt-auf-fettmenge-und-qualitaet-achten/ (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(6) Max Rubner-Institut (2014). Ernährungsphysiologische Bewertung

von Milch und Milchprodukten und ihren Inhaltsstoffen. Verfügbar unter https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/News/Dateien/Ern%C3%A4hrungsphysiolog-Bewertung-Milch-Milchprodukte.pdf (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(7) Aune, D., Rosenblatt, D., Chan, D. et al. (2015): Dairy Products, Calcium, and Prostate Cancer Risk: A Systematic Review and Meta-Analysis of Cohort Studies. The American Journal of Clinical Nutrition 101, Nr. 1: 87–117. Verfügbar unter: https://doi.org/10.3945/ajcn.113.067157. Zuletzt geprüft am 17.01.22

(8) Harrison S, Lennon R, Holly J, Higgins JPT, Gardner M, Perks C, Gaunt T, Tan V, Borwick C, Emmet P, Jeffreys M, Northstone K, Rinaldi S, Thomas S, Turner SD, Pease A, Vilenchick V, Martin RM, Lewis SJ. Does milk intake promote prostate cancer initiation or progression via effects on insulin-like growth factors (IGFs)? A systematic review and meta-analysis. Cancer Causes Control. 2017 Jun;28(6):497-528. doi: 10.1007/s10552-017-0883-1 (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(9) Kaaks, Rudolf (2004): Nutrition, Insulin, IGF-1 Metabolism and Cancer Risk: A Summary of Epidemiological Evidence. Novartis Foundation Symposium 262 : 247–60; discussion 260-268. Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15562834 (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(10) Key,T.: Diet, Insulin-like Growth Factor-1 and Cancer Risk. The Proceedings of the Nutrition Society, 1–4. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1017/S0029665111000127

(11) WHO (2018): Antimicrobial resistance. Verfügbar unter: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/antimicrobial-resistance. (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(12) Gh. R. Jahed Khaniki , 2007. Chemical Contaminants in Milk and Public Health Concerns: A Review. International Journal of Dairy Science, 2: 104-115. Verfügbar unter: https://www.researchgate.net/publication/271022079_Chemical_Contaminants_in_Milk_and_Public_Health_Concerns_A_Review

(13) Silanikove, N., Leitner, G., Merin, U. (2015): The Interrelationships between Lactose Intolerance and the Modern Dairy Industry: Global Perspectives in Evolutional and Historical Backgrounds. Nutrients 7, Nr. 9: 7312–31. Verfügbar unter: https://doi.org/10.3390/nu7095340

(14) Kimmerle, J. (2011): Die weiße Revolution. ZEIT Wissen Nr. 5/2011. Online verfügbar unter https://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/05/laktoseintoleranz (zuletzt geprüft am 17.01.2022)

(15) ProVeg e.V. (2019): Pflanzenmilch-Report. Berlin. Online verfügbar unter https://proveg.com/de/wp-content/uploads/sites/5/2019/10/PV_Pflanzenmilch-Report_281019-final.pdf

(16) Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt (2018). Zur Ökobilanz von Pflanzenmilch.

Online verfügbar unter https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/oekobilanz-pflanzenmilch. (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(17) Hartman, G.L., West, E.D. & Herman, T.K. Crops that feed the World 2. Soybean—worldwide production, use, and constraints caused by pathogens and pests. Food Sec. 3, 5–17 (2011). https://doi.org/10.1007/s12571-010-0108-x

(18) Rittenau, N. (2018): Vegan-Klischee ade. Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zu veganer Ernährung. (1. Aufl.). Mainz: Ventil Verlag UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG.

(19) Beil, B. (2021): Kein Calcium mehr in Bio-Pflanzendrinks? Ecodemy. Online verfügbar unter https://ecodemy.de/magazin/calcium-bio-pflanzendrinks/ (zuletzt geprüft am 17.01.22)

(20) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2013): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Calcium. Verfügbar unter: http://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/faq/FAQ-Calcium-DGE.pdf. (Zuletzt geprüft am 17.01.22)

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